1000 gute Gruende
Montag, 30. Oktober 2006
Wechselbäder
Weihnachten

Vor einem Jahr bin ich umgezogen. Aus dem Block ins Haus. Zwei Tage vor Weihnachten noch schnell einmal mit Christian, dem Maler, durch die Räume und zum fünften Mal übergestrichen.
Auf dem Weg in den Keller kam uns dann meine Nachbarin entgegen.
„Ziehst Du aus?“ Erfreut über die angenehme Abwechslung vom Arbeiten schickte ich Christian schon mal vor in den Keller mit dem Versprechen, dass ich gleich nachkäme.
Sie kam gerade von einer spontanen Weihnachtsfeier mit den Arbeitskollegen und war vielleicht auch deshalb gesprächiger als sonst. Ich sah’ aus wie die Sau. Unrasiert, ungeduscht, entsprechende Klamotten. Das mit dem guten Eindruck hatte ich also verpasst. Aber egal, ich würde jetzt ja wegziehen und sie wahrscheinlich nicht wiedersehen.
Es entwickelte sich ein schönes angenehmes Gespräch. Mehrfach mussten wir das Treppenhauslicht nachtasten. Und wie sprichwörtlich schnell die Zeit in angenehmer Gesellschaft vergeht, merkte ich, als Christan plötzlich und unerwartet, leicht angesäuert an mir vorbei ging. „Keller ist fertig - ich pack zusammen“ sprach ’s und verschwand in meiner Wohnung.
„Kann ich Dir vielleicht meine Handynummer geben, dann könntest Du mir Bescheid geben, falls hier noch Post von mir ankommt ...“ Ein zarter Versuch, das nette Gespräch nicht als Einzelkind sterben zu lassen. Ich hatte inzwischen einen guten Kontakt zu meiner Nachmieterin aufgebaut, so dass ich mir keine Gedanken um meine Post zu machen brauchte. Aber es klappte. Bereitwillig notierte sie meine Nummer und wir wünschten uns schöne Weihnachten.
Freunden hab’ ich immer von „meiner hübschen Nachbarin“ erzählt. Nur selten aber hab’ ich sie gesehen und fast nie gesprochen. Und das, obwohl uns nur eine schlichte Wand beim Schlafen trennte. Und jetzt, wo ich ausziehe, stellen wir fest, dass wir wohl was verpasst haben ...

Atemtechniken

Tatsächlich bekam ich recht schnell sogar eine SMS. Jetzt hatte ich also auch ihre Nummer. Anfangs beschränkte sich der Austausch von Informationen auch auf ein paar nette Sätze.
Dann folgten die ersten Telefonate. Das erste dauerte dreieinhalb Stunden.
Schließlich der erste Besuch in meinem neuen Heim, gefolgt von weiteren Besuchen oder gemeinsamen Kneipenaufenthalten. Immer ausgesprochen nett und entspannt.

Allerdings war unser letztes Date eher aufregend für mich.
In jeder Dekade meines Leben scheine ich auf eine Frau zu treffen, bei der alles anders ist. Die allgemeingültigen Gesetze sind aufgehoben. Schwerkraft existiert nicht mehr. Ich benehme mich, als hätte ich eher vage das Gerücht vernommen, es gäbe zweierlei Geschlechter. Und wozu das gut wäre müsste ich erst noch herausfinden.
Auf der einen Seite bin ich froh und gespannt, weil ich weiss, dass es wieder was Besonderes ist. Auf der anderen Seite benehme ich mich dann meist so unbeholfen, dass es mir eben auch unangenehm ist.
Ich krieg ’s also - wider meiner Natur - bei dieser Frau nicht auf die Kette, eindeutige Signale zu senden. Sie an mich zu ziehen, sie wie zufällig zu berühren oder sie meinen Atem an ihrem Ohr spüren zu lassen. Ich brenne darauf zu erfahren wie ihre Halsbeuge dufte, sich ihre Haut anfühlt, ihr Atem an meinem Ohr klingt ...

Herbstspaziergang

Für Sonntag hatten wir uns zu einem langen Nachmittag verabredet. Wir sind ausgiebig spazieren gegangen. Wieder kein Händehalten - obwohl ’s schweinekalt war. So müssen sich stumme Menschen fühlen, die Schreien wollen ...
Später dann haben wir auf meinem Sofa gesessen, vor dem Kamin - die Kissen zwischen uns.

Und während ich noch in der Vorwärtsbewegung begriffen war, sprach sie plötzlich davon, dass sie sich verliebt hätte. Von da an herrschte eine merkwürdige Atmosphäre im Wohnzimmer. Ähnlich als wäre dichter Nebel aufgezogen.
Sie hat ihn auf einem unserer Stadtfeste kennengelernt.
Vor ungefähr einem halben Jahr.
Außer dem Vornamen und der Arbeitsstelle wusste sie nicht viel.
Für ihre Verhältnisse hat sie viele Hebel in Bewegung gesetzt um mit ihm in Kontakt treten zu können.
Schließlich haben sie häufiger gemailt.
Dann hat sie ihn in der Stadt gesehen.
Neben ihm seine Freundin.
Sie hat ihn drauf angesprochen.
Trotzdem wollen sie sich treffen.
Auf seinen Wunsch hin aber nicht in der Öffentlichkeit.
Und dann das i-Tüpfelchen: „Er schreibt so schön ...“
Das sass. In den letzten Jahren habe ich mich häufiger in diversen Foren oder Single-Seiten rumgetummelt. Oft habe ich dort Kontakte geknüpft, viele Bekanntschaften gemacht. Immer entstand der Kontakt über das Schreiben.
Ich halte es da gerne mit Azeem, der zu Robin von Locksley sagt: „Wir bezaubern die Frauen die wir anbeten durch schöne Worte und nicht durch berauschende Pflanzen“.
Jetzt bahnt sich etwas schönes mal wieder IRL statt URL an, über Augenkontakt, Sprache, Stimme und Gegenwart, da ist mir jemand voraus, der schöne SMS zu schreiben vermag.

Korbjäger

Da ich aber Kämpfer bin, und sich mir im übrigen die Gelegenheit bot, habe ich uns für Donnerstag zwei Karten fürs Basketballspiel besorgt. Vor dem Kauf noch eben schnell Rücksprache gehalten, ob sie Zeit hat (Ich habe gerade Karten angeboten bekommen - ist eigentlich ausverkauft - muss jetzt zusagen - hast Du Zeit?). Sie hat. Okay, jetzt bin ich wieder im Rennen. Falle allerdings am nächsten Morgen mit vier platten Reifen wieder aus, nachdem ich eine SMS erhalte, dass sie doch lieber nicht mitkommen möchte ...
Mit geschwollenem Hals (kein Klos sondern die Halsschlagadern sind die Ursache des Leidens) schreibe ich eine Antwort-SMS nach der anderen und schick sie wie selbstverständlich nicht ab vor dem Löschen.
Auf ein kurzes „Ist okay - ich frag wen anders ...“ bekomm’ ich eine halbwegs erklärende Antwort. Es geht ihr nicht gut.

Reifenwechsel

Nach einem kurzen Boxenstopp landen in ihrem Briefkasten „Trostpflasterbonbon“. Allerdings findet sie diese erst zwei Tage später. Auch weil ich es mir verkneife sie darauf hinzuweisen.
Sie freut sich. Ich auch.
Wir telefonieren versprechen wir uns.
Montags ruf’ ich in ihrer Firma an. Die Exnachbarin liegt krank im Bett. Wünsch’ ihr gute Besserung. Später den Tag spiele ich wieder Postbote. Diesmal eine kleine Hörbuch CD. Nichts weltbewegendes.
Sie freut sich. Ich auch.
Das ist jetzt eine Woche her.
Im Westen nix neues.
Ich werd’ bekloppt.

Nachtrag

Heute (03.11.06) Mail von ihrer Freundin an mich :
[...] Aber man sieht es ihr auch an, dass es ihr gut geht, sie sieht super-gut aus! [...]

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